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Kissels: Zu e-Commerce per New Generation
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Wenn die Kölner Kissels Software GmbH in diesen Tagen das 25jährige Firmenjubiläum feiert, kommt die New Generation der ERP-Software auf den Markt. Damit zählt Kissels zu den Pionieren unter den ERP-Anbietern, die ihre Software auf die Internet-Plattform Java umstellen.
Im ersten Schritt hat Kissels ergänzend zu ihrem bei rund 1.400 Kunden installierten ERP-System, das in RPG für die AS/400 programmiert worden ist, neue eCommerce-Module in 100 % Pure Java entwickelt, um sich für das Internet-Zeitalter zu rüsten und sich neue, zusätzliche Hardware-Welten zu erschließen.
Der Fokus der neuen Produkte liege klipp und klar auf dem „pro-fessionellen Anwender“ in B2B-Szenarien, macht Software-Unternehmer Heinrich Kissels im Gespräch mit DV-Dialog deutlich: „Wir wollten nicht den x-ten Online-Shop entwickeln, sondern ein B2B-System, das diesen Namen auch verdient und voll integriert
ist mit unseren Basisanwendungen Finanzwesen, Warenwirtschaft und Produktionsplanung und -steuerung.“ In diesem Kontext Begriffe wie Warenkorb zu verwenden oder entsprechend unprofessionelle Zahlungsverfahren zu verwenden, hält er für ein Unding. „Der professionelle Einkäufer will sein Sortiment sehen, seine Preise
und Rabattstaffeln sowie die Lieferzeiten und ähnliche Informationen, damit er umfangreiche Bestellungen möglichst schnell abwickeln und verwalten kann.“ Es sei eben ein grundverschiedener Ansatz erforderlich, wenn ein anonymer Kunde einmal ein einzelnes Buch bestellt oder ein Automobilhersteller regelmäßig sehr viele
gleichartige Bauteile bei einem Zulieferer ordert.
Kissels betont, dass diese Entwicklung im Sinne der überwältigenden Mehrheit seiner Kunden ist: „Die Kunden sind doch unser Kapital. Dies dürfen wir unter keinen Umständen gefährden. Daher werden wir auch unsere RPG-Programme noch mindestens acht Jahre voll aktualisieren und auch weiterentwickeln.“
Die Weichen stehen auf Expansion: Kissels baut einen Palacio in der Altstadt von Palma de Mallorca zu einem 2.800 m 2 großen Schulungs- und Entwicklungszentrum aus, von dem aus auch der Vertrieb in Südeuropa forciert werden soll. Zusätzlich zu dem Entwicklungs- und Vertriebszentrum in Planegg wird in Augsburg ein
Zentrum für neue Technologien entstehen, in dem im Januar 2001 ein Internet-Team die Arbeit aufnimmt. Damit ist Kissels dann 46 Mitarbeiter stark.
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In Form der „New Generation“ erneuert die Kölner Kissels Software GmbH sukzessive ihr bewährtes ERP-System, um es für die neuen Anforderungen im kommenden Zeitalter des e-Commerce zu rüsten.
Im ersten Schritt kommen nun die Module e-Sales (Vertrieb im B2B-Umfeld), e-sales-force (Außendienst), e-procurement (Einkauf) und e-reporting (Berichtswesen) auf den Markt. Implementiert ist die New Generation in den Schlüsseltechnologien Java, HTML und XML, mit denen im Laufe der nächsten Jahre auch die bewährten
RPG-Programme abgelöst werden sollen. Über die Hintergrunden sprachen wir mit Firmenchef Heinrich Kissels.
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Herr Kissels, warum kommt die „New Generation“?
Die Welt bewegt sich weg von RPG und proprietären Systemen. Außerdem wollten wir uns das Internet ebenso erschließen wie andere Hardware-Plattformen
zusätzlich zur AS/400, was mit RPG so nicht möglich ist. Die Kunden erwarten einfach von uns, dass wir auch für Windows-NT Lösungen anbieten können. Gerade im Neukundengeschäft ist das wichtig. Daher haben wir vor etwa drei Jahren ein Entwicklungsprojekt aufgesetzt, um unsere Software mit Hilfe der Programmiersprache
Java auf eine neue, objektorientierte und plattformunabhängige Basis zu stellen.
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Und ihre bisherigen Produkte stampfen Sie nun ein?
Im Gegenteil! Anlässlich der Einführung der ersten Module dieser New Generation will ich eines deutlich machen: Wir verkaufen natürlich unsere im Laufe der vergangenen 25 Jahre entstandenen Software-Produkte ohne jeden Abstrich weiter. Ergänzend hinzu gesellt sich nun ein zusätzliches Angebot eigenständiger Produkte
rund um Internet und eBusiness. Denn wir haben natürlich im ersten Schritt dort entwickelt, wo wir bisher für die Anforderungen der „New Economy“ noch nicht optimal gerüstet waren. Diese Lösungen können auf der Kissels-Software aufsetzen, aber auch stand alone eingesetzt werden, sogar ohne eine AS/400. Diese Module
sind weitestgehend fertig und werden bereits von ersten Pilotkunden genutzt. Wir sind dabei, sie noch weiter zu perfektionieren. Die Vertriebsfreigabe ist bis zum Ende des Jahres vorgesehen.
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Was heißt das für die heutigen Kissels-Kunden?
Als zusätzliches Angebot wollen wir die bewährte Funktionalität künftig Modul für Modul auch in neuer Java-Technik bereitstellen. Dabei werden zuerst die Programme umgestellt, die mit externen Systemen zusammenarbeiten. Mit Vertrieb und Einkauf haben wir begonnen, Ende 2003 sollen dann alle Anwendungen erneuert sein.
Rein interne Module wie Finanzwesen oder Warenwirtschaft haben sicher die geringste Priorität. Unsere Kunden können dann wahlweise die neuen Java-Module, die wir zunehmend herausbringen, einsetzen und mit unseren bewährten RPG-Programmen kombinieren. Diese Programme werden wir voll funktionsfähig halten und weiter pflegen,
doch alle neuen Funktionen werden in der Java-Technologie hinzuentwickelt. Und zwar so, dass sie voll verträglich mit dem RPG-System sind. Die Java-Module können sowohl die Daten als auch die Funktionen des RPG-Systems nutzen. Somit können unsere Kunden modulweise auf die Java-Programme umsteigen, die gleichzeitig funktional
ganz deutlich angereichert werden.
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Welche Java-Tools nutzen Sie?
Wir wollen die Software komplett und kompromisslos auf Java umstellen. Dabei setzen wir immer auf die neuesten Java-Versionen, nutzen ausschließlich Standard-Tools, die überall verfügbar sind bzw. die wir selbst entwickelt haben, und arbeiten mit allen Datenbanken zusammen. Dabei ist Selbstbeschränkung gefragt in dem Sinn,
wirklich nur den gehobenen Standard und keine proprietären Erweiterungen zu nutzen. So können wir die Datenbank auf
mehrere unterschiedliche Rechner mit verschiedenen Datenbankmanagement- Systemen verteilen: Derzeit testen wir eine Konfiguration, bei der die Daten gemischt auf der AS/400, in einer
Unix-Datenbank und unter Access verwaltet werden. Das funktioniert - ohne Probleme!
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Wie können Sie den reibungslosen Betrieb in solch einer Konfiguration sicherstellen?
Wir haben dazu eigene Java-Klassen entwickelt, die Datenbestände frei zwischen beliebigen Datenbanken konvertieren, und zwar sowohl die Datenstrukturen als auch die Datenbankinhalte. Wir bilden unsere AS/400-Datenstrukturen Eins-zu-Eins auf alle anderen Datenbanken ab. So können wir heute mit einem einzigen Prozeduraufruf
eine komplette AS/400-Datenbank in Microsoft Access oder Oracle überführen – und umgekehrt. Wir haben dazu auch eigene Persistenz- und Präsentations-Engines zur Verfügung, die Datenbankzugriffe sehr einfach machen. Solche Bausteine erstellen wir selbst, damit wir unser eigenes Framework schneller implementieren können,
ohne uns mit einer zugekauften Entwicklungsumgebung in eine gefährliche Abhängigkeit zu begeben.
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Können Sie heute die AS/400 als Java-Server empfehlen?
Absolut. Wir entwickeln zwar auf dem PC, testen aber all unsere Software auf der AS/400. Die Java Virtual Machine und die Web-Sphere-Suite haben sich dabei als sehr stabile Laufzeitumgebungen erwiesen. Wir verwenden Sie nur deshalb nicht als Entwicklungsumgebung, um uns die Plattformunabhängigkeit zu erhalten. Als
Applikationsserver bevorzugen wir daher Apache, weil es derzeit das marktführende System ist, auch wenn WebSphere mehr Funktionalität bietet. Unser größtes Problem sind die Browser. Denn uns muss es ja gelingen, die Anwendung möglichst mit allen Browsern in allen Versionen auf allen Rechnern verfügbar zu machen.
Wichtig ist, dass an die Clients keinerlei Voraussetzungen gestellt werden, weil unsere Software ja in B2B-Szenarien eingesetzt wird.
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Können Sie sich dem Chor derer anschließen, die laut die Java-Performance kritisieren?
Nein. Das sind eher Probleme, die ein Entwickler lösen muss.
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Zur CeBIT war zu hören, dass Java auf der AS/400 etwa 40% schlechter performt als RPG...
Das kann ich so nicht im Raum stehen lassen. Performance ist nicht das Problem! Natürlich muss man Java adäquat einsetzen. Wenn zum einen ist Java nicht gleich Java, soll heißen: Die Performance bleibt eine Frage der eingesetzten Werkzeuge. Zum anderen kommt es darauf an, dass man in der Programmierung die Eigenheiten
von Java und die andere Art der Datenwege über das Internet berücksichtigt. Denn man kann in der Entwicklung große Fehler machen, die sich später in Form schlechter Performance der Anwendung rächen. Daher haben wir im Vorfeld gründlich experimentiert und die Einsatzfelder der verschiedenen Technologien – Applications,
Applets, Servlets, Java Server Pager, Java Beans und dergleichen – sorgfältig ausgelotet. Denn eines ist klar: Unsere New Generation erfordert den richtigen Mix der jeweils zweckmäßigsten Technologien. Dabei spielen für unsere Zwecke die Java-Servlets eine entscheidende Rolle, weil wir serverzentriert arbeiten, um die
Leitungsbelastung möglichst gering zu halten.
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Also möglichst keine Applets?
Ich würde sagen: Möglichst kleine Applets! Sonst wäre man ja auf statische HTML-Seiten beschränkt. Für dynamische, an-sprechende Web-Seiten und den intensiven Dialog mit dem Client kommen wir ohne Applets nicht aus. Allerdings haben wir unsere Anwendungen so konzipiert, dass möglichst wenig Daten über das Netz übertragen
werden. Das bringt Performance-Vorteile, selbst wenn das Netz nur auf den In-House-Bereich beschränkt ist. Unsere Philosophie lässt sich auf eine griffige Formel bringen: Wenig Client, viel Server.
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Wie sieht also die Architektur der New Generation aus?
Wir arbeiten sehr stark mit Java Server Pages, die Servlets aufrufen. Die Servlets wiederum rufen Applications und Applets auf. Ganz kleine Applets werden dann zur Optimierung der Oberfläche zum Client übertragen. Zur Kommunikation nutzen wir intensiv XML. An jeder Schnittstelle bieten wir den Kunden XML-Strukturen an,
als Austauschstandard mit beliebigen zugeschalteten Systemen. Der Austausch zwischen Servlets und Applets findet aus Sicherheitsgründen ausschließlich verschlüsselt statt. Darüber hinaus empfehlen wir unseren Kunden, ergänzend Verfahren wie Firewalls, Virtual Private Networks und Authentifizierung einzusetzen.
Mit Heinrich Kissels sprach
Berthold Wesseler
04. Dezember 2000
12/2000
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